Child Custody Across Borders

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Sorgerecht über Grenzen hinweg

Ein Elternteil, der nach einer Scheidung oder Trennung mit einem minderjährigen Kind umziehen möchte, stößt auf Herausforderungen: Rechtliche Regelungen legen fest, dass ein Kind das Land nicht ohne die Zustimmung des anderen sorgeberechtigten Elternteils verlassen darf, und sehen in diesem Fall die rasche Rückführung des Kindes an seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort vor. Bei internationalen Sorgerechtskonflikten können Wohnortwechsel entweder rechtmäßig durch einen Antrag auf Verlegung des Wohnorts bei Gericht gestattet werden oder unrechtmäßig durchgeführt werden (widerrechtliches Verbringen des Kindes). 

Aufgrund steigender Mobilität und häufigerer binationaler Partnerschaften werden internationale Obsorge- und Kontaktrechtsfälle nach einer Trennung oder Scheidung immer relevanter: Jedes Jahr werden tausende Kinder in der Europäischen Union von einem Elternteil in einem Land „zurückgehalten“ oder in ein anderes Land gebracht. Während es bislang hauptsächlich rechtswissenschaftliche Forschung zu diesem Thema gibt, blieben soziologische Fragen bislang unbeantwortet. Die Studie „Sorgerecht über die Grenzen hinwegʺ möchte diese Forschungslücke schließen und basiert auf der Stresstheorie, der Praxeologie („Doing“ und „Undoing“ Family) und der Theorie des Ambiguous Loss.

Die Studie hat vier Ziele: (1) das gesamte Spektrum internationaler Obsorge- und Kontaktrechtsfälle soziologisch zu erfassen; (2) Kernthemen und Dynamiken zu identifizieren und subjektive Perspektiven, Praktiken und Erfahrungen der einzelnen Familienmitglieder und des familialen Netzwerks zu berücksichtigen; (3) zu erklären, wie familiale Grenzen in Familien mit internationalen Sorgerechtskonflikten wahrgenommen werden; (4) zu analysieren, wie internationale Obsorge- und Kontaktrechtsfälle vor Gericht argumentiert und verhandelt werden.

Die Studie basiert auf folgenden methodischen Zugängen: qualitative Inhaltsanalyse von Diskussionen in Blogs, Online Foren und Gruppen in sozialen Medien; Themenanalyse von Expert*innen-Interviews; Fallstudien familialer Netzwerke mittels Interviews und Ecomaps; Analyse gerichtlicher Rückstellungsanträge, d.h. Anträge von Eltern, die ihr (unrechtmäßig) in Österreich lebendes Kind in ein anderes Land rückführen möchten.

Dies ist die erste soziologische Studie, die umfassend den gesamten Prozess und das gesamte Spektrum internationaler Obsorge- und Kontaktrechtsfällen untersucht, sowohl in der (erweiterten) Familie als auch vor Gericht. Es ist die erste Untersuchung im deutschsprachigen Raum bzw. in Österreich zu diesem Thema. Diese Studie ermöglicht systematische Einblicke in die Ursachen, Erfahrungen, Praktiken und Konsequenzen der Verhandlungen von Obsorge, Aufenthalt und Kontaktrecht über die Grenzen hinweg.

Förderung: Wissenschaftsfonds (FWF)
Laufzeit: 2023-2026